Projekt: KI-sy Twin

Viele bestehende Industrieanlagen sind bislang kaum digital erschlossen – ein Zustand, der zunehmend zum Hindernis wird. Veraltete Dokumentationen, fehlende Standards und manuelle Abläufe erschweren Wartung, Prozessoptimierung und den Einsatz digitaler Tools. Das Ergebnis sind hohe Betriebskosten, isolierte Einzellösungen und ein erheblicher organisatorischer Aufwand. Unternehmen stehen vor der Aufgabe, ihre sogenannten Brownfield-Anlagen für die digitale Zukunft zu rüsten – idealerweise ohne eine eigene IT-Infrastruktur aufbauen zu müssen.

Im Projekt KI-sy Twin arbeiten das Fraunhofer IFF, das Fraunhofer IOSB-INA sowie Industriepartner an einem praxisnahen Ansatz: Die automatisierte Erstellung digitaler Zwillinge von Bestandsanlagen – mithilfe von Künstlicher Intelligenz und der Verwaltungsschale (Asset Administration Shell, AAS).

Ziel ist es, die Erfassung, Strukturierung und digitale Abbildung von Anlagendaten vollständig zu automatisieren. Der resultierende digitale Zwilling entspricht gängigen Industriestandards, reduziert manuelle Aufwände und ermöglicht eine nahtlose Integration in moderne Datenräume – ganz ohne Insellösungen oder hohe Investitionen. 

Das KI-sy Twin-System erfasst automatisch Informationen wie Typenschilder, technische Unterlagen und strukturelle Zusammenhänge der Anlage. Diese Daten werden normgerecht in die AAS überführt. Der Verzicht auf manuelle Eingriffe reduziert Fehlerquellen, verringert den Aufwand der Datenpflege und sorgt für eine medienbruchfreie Digitalisierung.

Ein zentraler Vorteil: Die digitalisierten Informationen können über Datenräume standardisiert an externe Partner – etwa Serviceanbieter oder Hersteller – weitergegeben werden. Dies schafft neue Möglichkeiten zur Prozessverbesserung und besseren Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette.

Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf älteren Bestandsanlagen, die bislang kaum digitalisiert sind. Mithilfe KI-gestützter Verfahren – beispielsweise durch das automatische Auslesen von Typenschildern – wird die Erfassung deutlich vereinfacht. Auch komplexe Strukturen wie Fließschemata lassen sich standardkonform abbilden. Das Ergebnis ist ein umfassender, interoperabler digitaler Zwilling, der als Grundlage für datengetriebene Anwendungen dient.

Das Fraunhofer IFF bringt seine Expertise aus früheren Projekten wie ViPro und ProcessAssist ein und stellt eine reale Testumgebung zur Verfügung. Im Rahmen von KI-sy Twin wird diese bestehende Anlage gemeinsam mit Industriepartnern modernisiert – es entsteht ein hybrider Demonstrator mit sowohl Brownfield- als auch Greenfield-Elementen. Das Fraunhofer IOSB-INA bringt seine langjährige Erfahrung im Bereich der standardisierten Datenmodelle, insbesondere der Verwaltungsschale, und im Bereich des maschinellen Lernens ein.

In dieser realitätsnahen Umgebung können neue Technologien unter industriellen Bedingungen getestet und weiterentwickelt werden. Das Projekt zeigt so nicht nur die technische Machbarkeit, sondern auch den wirtschaftlichen Nutzen der Digitalisierung mit KI und Verwaltungsschale.