Retrofitting von Kunststoffspritzgussmaschinen in komplexen Produktionsanlagen (ReKuPa)

Lemgo / Blomberg /

Wie kann man den Ausschuss von Kunststoffspritzgussmaschinen minimieren, oder idealerweise vollständig eliminieren? Diese Fragestellung ergab sich nach dem Besuch einer Digital in NRW LAB-Tour und anschließenden Gesprächen mit Mitarbeitern der Fa. Oskar Lehmann. Sogenannte „Fehlschüsse“ stellen nicht nur ein wirtschaftliches Problem in der gesamten Kunststoffindustrie dar. Neben der verbrauchten Maschinenzeit, Energie und Ressourcen muss oftmals eine aufwendige und damit teure Entsorgung dieser Fehlteile erfolgen. Die über 500 kunststofftechnische Unternehmen in OWL führen in der heutigen Zeit auch einen gesellschaftlichen Diskurs über den Einsatz von Kunststoffen. Sie stehen somit im Spannungsfeld um den Erhalt von hochwertigen Arbeitsplätzen in der Region aber auch den Verantwortungsvollen Umgang von Material und Energie. Die Vermeidung von Ausschuss steht damit sowohl im wirtschaftlichen Blickfeld der Firmen als auch im gesellschaftlichen Fokus.

INAsense bei der Arbeit: Das mobile Produktionsdatenerfassungssystem sammelt live-Sensordaten, vom Energieverbrauch über das Maschinenverhalten bis hin zu Umgebungsvariablen.

Anwendung von Mehrwerte durch Daten

Dass der Produktionsprozess von viel mehr Faktoren als nur in der Spritzgussmaschine abhängt, war der Fa. Oskar Lehmann schon vorher aufgefallen. Diese Produktionssysteme sind in Hallen eingebettet und damit von weiten Umweltfaktoren abhängig als nur den Maschinen- und Materialparamatern, wie z.B. wie Feuchtigkeits- und Materialeigenschaften des Granulates. Auch Zugluft in der Halle kann beispielsweise Auswirkungen auf den Spritzgussprozess haben und dadurch in der Folge auch zu Abweichungen am Bauteil führen. Die bereits vorhandenen Erfahrungen in den Produktionsprozessen sollten nun mit konsequent mit weiteren Daten erfasst, korreliert und systematisch analysiert werden.
 

Retrofitting und Maschinelles Lernen in der Praxis

Nach der Digital in NRW LAB-Tour in der SmartFactoryOWL und ersten Gesprächen mit Herrn Gerking (Leitung Controlling/IT) und Herrn Löhr (Industrial Engineering) von der Fa. Oskar Lehman wurde das Potential gesehen, dass mit Retrofitting und Techniken des Maschinellen Lernens die vorhandene Aufgabenstellung umgesetzt werden könnte. Dabei wurde eine vorhandene Kunststoffspritzgussmaschine datentechnisch mit dem INAsense Sensoriksystems ausgestattet um sowohl Maschinendaten mit weiteren Prozessdaten aufzuzeichnen und mit Daten des Qualitätssystemes korrelieren zu können. In dem Aufzeichnungszeitraum galt es dabei auch, die Datenaufnahme in den Produktionsprozess real und ohne Unterbrechungen zu integrieren. Desweiteren wurden alle im Produktionsprozess involvierten Mitarbeiter und der Betriebsrat schon frühzeitig über das Umsetzungsprojekt informiert. Dabei stellte sich heraus, dass die langjährigen Produktionserfahrungen der Mitarbeiter von Fa. Oskar Lehmann sich ideal mit dem Industrie 4.0 Expertenwissen der Mitarbeiter vom Fraunhofer IOSB-INA ergänzt haben. Dies ist z.B. bei der Auswahl und Anbringung der zusätzlichen Sensoren mit eingeflossen.

Erkenntnisgewinn für die Zukunft in der Produktion

Nach der Auswertung der Ergebnisse konnte im Aufzeichnungszeitraum eine Korrelation zwischen Anomalien und bestimmen Parametern aufgezeigt werden. Dadurch konnte auf wissenschaftliche Weise bestimmte Praxisvermutungen bestätigt werden, die zu Fehlschüssen in der Produktion geführt haben. Diese Ergebnisse legen nahe, dass eine längerfristige Datenaufnahme oder sogar dauerhafte Integration von weiterer Sensorik in das Produktionssystem wirtschaftlich erfolgversprechend ist. Als weitere Maßnahme wurde erkannt, dass die Vernetzung von Autonomen „Dateninseln“ weiter vorangetrieben werden muss. Auch hier stehen dedizierte Schulungsmassnahmen an, damit die Mitarbeiter von Oskar Lehmann die Datenintegration in der Produktion selber vorantreiben können. Die Visualisierung von Ergebnissen in Echtzeit via Dashboard für alle Produktionsmitarbeiter könnte ein weiteres Szenario sein, die jetzt gemeinsam im Anschluss mit Fa. Oskar Lehmann bereits erörtert werden.

Die Firma Oskar Lehmann GmbH & Co. KG

Am Standort Blomberg-Donop produziert Fa. Oskar Lehmann maßgeschneiderte kundenindividuelle Lösungen zum Teil als eigens entwickelte Produkte für Anwendungen im industriellen Umfeld. Dabei greift Fa. Oskar Lehmann mittlerweile auf über 40 Jahren Produktionserfahrung für Produkte in unterschiedlichste Branchen zurück. Zum Kundenstamm zählen namhafte Firmen und Konzerne, z.B. aus der Möbel-, Automobil-, Elektro- und Bauindustrie. Dabei zählen selbsterklärend hohe Qualitätsstandards mit kurzen Entwicklungszyklen in den ausgelieferten Produkten maßgeblich für eine fortlaufende Auftragsproduktion. Die kontinuierlich Steigerung der Kernkompetenzen wird hier am Standort maßgeblich durch Eigenkonstruktion und Internen Werkzeugbau gewährleistet. Die Technische Kundenberatung sichert den Entwicklungs- und Beratungsprozess über den gesamten Produktlebenszyklus der Kunden von Oskar Lehmann ab.

Weiterführende Informationen:

Steckbrief

Projekttitel: Retrofitting von Kunststoffspritzgussmaschinen in komplexen Produktionsanlagen (ReKuPa)
Laufzeit: Februar 2020 bis September 2020
Projektpartner:

Oskar Lehman GmbH & Co. KG
Fraunhofer IOSB-INA
Das Vorhaben in Stichworten:
  • Material- und Energieeffiziente Produktion
  • Retrofitting von Kunststoffspritzgussmaschinen
  • Anomalieerkennung in der Produktion
  • Konzept für Datenvernetzung und Visualisierung