Das neue AAS-Portal geht OpenSource

Lemgo /

Fraunhofer IOSB-INA schafft mit dem Online-Tool für Verwaltungsschalen Zugang zu standardisierten Industrie 4.0-Anwendungen.

© Fraunhofer IOSB-INA
Zufrieden mit dem Open Source Ansatz für das AAS Portal: Entwickler Florian Pethig und Ralf Aron.

Herr Pethig, Herr Aron, vielen Dank für die Gelegenheit zum Gespräch und herzlichen Glückwunsch zum Go-live des neuen AASPortal. Wir freuen uns auf einige Einblicke aus erster Hand und ein paar Informationen über das zukünftige Potenzial, vor allem für produzierende Unternehmen im Mittelstand.

Vielen Dank, wir freuen uns ebenfalls sehr und sind gespannt auf die ersten Rückmeldungen aus der Open Source Community!

Herr Pethig, was genau ist das AAS Portal eigentlich, was geschieht dort? 

Hauptbestandteil des AASPortals ist eine Webseite, über die man sehr einfach sogenannte Verwaltungsschalen (Englisch: Asset Administration Shells, AAS) visualisieren und editieren kann. Man kann sich vorstellen, dass eine Verwaltungsschale im Sinne eines Digitalen Zwillings sämtliche Informationen über ein Produkt enthält. Wichtig hierbei ist auch, dass diese Verwaltungsschale von der sogenannten „Industrial Digital Twin Association“ (IDTA) standardisiert wird und so für die Produkte unterschiedlicher Hersteller gleich aussieht.

Das AASPortal bietet dann für unterschiedliche Anwendungsfälle vorgefertigte Ansichten („Views“), z. B. um Kundenfeedback auszuwerten oder Prozessdaten in Form von Dashboards anzuzeigen. Als Nutzer des AASPortals kann ich diese Ansichten einfach an meine Bedürfnisse anpassen, erweitern und komme so sehr schnell zu meinem firmenspezifischen zentralen Anlaufpunkt im Unternehmen für die Digitalen Zwillinge meiner Produkte.

Beschreiben Sie in kurzen Worten einmal den Weg bis zu dem aktuellen Meilenstein. Was war dabei die größte Herausforderung für Sie und Ihr Team?

Wir sind bereits vor einigen Jahren mit der Entwicklung eines Portals gestartet, das wir in der SmartFactoryOWL für die Visualisierung von Verwaltungsschalen einsetzen wollten. Das AASPortal war geboren und hat sich von Demonstration zu Demonstration weiterentwickelt. So haben wir beispielsweise Prozessdaten aus Verwaltungsschalen der SmartFactoryOWL in Dashboards visualisiert, Digitale Typenschilder von unseren Maschinen sichtbar gemacht und Kundenfeedback zu unserem in der SmartFactoryOWL produzierten nachhaltigen CUNA-Kaffeebechern mit dem AASPortal analysiert. Relativ schnell ist die Erkenntnis gereift, dass das AASPortal auch für Unternehmen interessant sein müsste und das eine Weiterentwicklung als Open Source sinnvoll wäre, insbesondere da es ja um Standardisierung geht. Eine Herausforderung ist es natürlich so ein Produkt neben dem Tagesgeschäft zu entwickeln, aber diese Investition zahlt sich nun aus, da uns das AASPortal sehr in unseren Kundenprojekten hilft!

Einmal ganz konkret – ein kleiner oder mittelgroßer Betrieb, was würde er vom AAS Portal bekommen, was würde es für ihn nutzen?

Der Betrieb bzw. seine Mitarbeiter sind schnell in der Lage ein Webportal für AAS im Unternehmen aufzusetzen und zu nutzen. Das kann zum Testen bspw. einfach über Docker geschehen. Dann können sie sich im Sinne eines „learning-by-doing“ Ansatzes dem Thema der Verwaltungsschale als standardisierter Digitaler Zwilling für Industrie 4.0 nähern und einfach eigene Sichten auf die enthaltenen Daten implementieren. Ein wesentliches Feature ist dann auch noch die performante Suche im AAS-Bestand. Denken Sie daran, dass Unternehmen schnell auf mehrere 100.000 AAS im Betrieb kommen! Das AASPortal hilft diesen Bestand zu verwalten und zu nutzen.

Und wie sieht die Bedienung des Portals aus, welches Know-how müsste ein Nutzer aus unserem mittelständischen Betrieb mitbringen?

Die Webseite sollte hoffentlich sehr intuitiv nutzbar sein! Man kann sich registrieren bzw. anmelden und Verbindungen zu AAS-Quellen, wie z. B. AAS- oder OPC UA-Servern oder auch Dateiordnern, herstellen. Enthaltene AAS kann man dann visualisieren, editieren und in den angesprochenen Sichten verwenden. Unternehmen, die das Portal für ihre Zwecke weiterentwickeln möchten, benötigen darüber hinaus natürlich Softwareentwicklungsexpertise, insbesondere im Bereich Webentwicklung (Stichwort: Javascript).

Herr Aron, was hat es für Vorteile, mit dem AAS-Portal „Open Source“ gegangen zu sein, also sie nicht als kommerzielle Software vermarktet zu haben? Welche Vorteile haben die Nutzer?

Wir hoffen, mit dem AASPortal eine Lücke im Bereich NodeJS in der bestehenden Open Source-Landschaft rund um die AAS zu schließen. Ich freue mich auf Anregungen und Beiträge aus der Community. Gerne möchte ich auch dazu einladen unser Entwicklungsteam zu erweitern und so gemeinsam das AASPortal weiterzuentwickeln. Natürlich unterstützen wir Unternehmen über die Open Source Software hinaus, gerne auch im Rahmen von Projekten bei ihren ersten Schritten mit dem AASPortal und führen auch kundenspezifische Erweiterungen und Anpassungen durch. Ein Vorteil für Nutzer ist natürlich, dass sie das AASPortal einfach evaluieren und kostenlos nutzen können.

Und was sind Ihre Pläne für das AAS-Portal? Was sind die nächsten Schritte in den nächsten acht Monaten – und wie sieht die langfristige Strategie aus bzw. was sind Ihre Ziele?

Langfristig stelle ich mir AASPortal als ein Rahmenwerk und Baukastensystem vor, das durch konkrete Anwendungen bei Partnern stetig wächst, um deren Anforderungen zu erfüllen.

Die nächsten konkreten Schritte sind:

1.  Das AASPortal kann 100.000 Verwaltungsschalen verarbeiten und durchsuchen.

2. Die  Entwicklung spezifischer Sichten auf standardisierte Submodelle der IDTA.

Vielen Dank für das Interview.